Das Fatima-Geheimnis und die Päpste

Carmo Rodeia

 

Das Geheimnis von Fatima wird als grundlegender Kern der Botschaft von Fatima angesehen und bezieht sich auf die Visionen und Worte, welche den Hirtenkindern während der Erscheinung Unserer Lieben Frau am 13. Juli 1917 offenbart wurden. Gleichzeitig wurden die Kinder gebeten, mit niemandem darüber zu sprechen.

Am 13. Oktober 1996 präsidierte Kardinal Joseph Ratzinger,
Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre und
später Papst Benedikt XVI., bei der Jahreswallfahrt im Oktober

„Davon sagt niemandem etwas; Francisco könnt ihr es mitteilen“, war, gemäß Lucia, die Aufforderung. Die drei Hirtenkinder empfingen den Inhalt der Erscheinungen auf verschiedene Weise: nur Lucia interagierte, sie sah, hörte und sprach; Jacinta sah und hörte, doch sie sprach nie und Francisco konnte die Erscheinung lediglich sehen. Daher die Erlaubnis, Francisco in das Geheimnis einzuweihen. Und das Geheimnis wurde behütet, so wie man das eigene Leben mit dem Herzen bewahrt, obwohl es zahlreiche Bedrohungen und Einschüchterungen gab.

Lucia stimmte zu, über die Erscheinungen zu schreiben, doch sie behielt den Inhalt des Geheimnisses für sich und schrieb dieses nur nieder, nachdem sie, in den 40er Jahren, die Erlaubnis „aus dem Himmel“, wie sie sagte, erhielt.

Die ersten zwei Teile (die Vision der Hölle und die Verehrung des Unbefleckten Herzen Mariens) wurden 1941 offenbart; der dritte Teil (die Vision der Pilger- und Märtyrerkirche und der Stadt in Ruinen) wurde 1944 niedergeschrieben, dann aufbewahrt und im Jahr 2000 in Fatima veröffentlicht.

Der dritte Teil des Geheimnisses beinhaltet eine Andeutung auf ein Attentat gegen die Figur des Papstes und Johannes Paul II. verband diese Offenbarung mit dem Attentat, dem er am 13. Mai 1981, in Rom, zum Opfer fiel und welches er überlebte weil „eine mütterliche Hand“ die Laufbahn der Kugel verändert habe.

In einem Gespräch mit Kardinal Tarcísio Bertone, seinerzeit Sekretär der Kongregation für die Glaubenslehre, im April 2000 im Karmelkloster von Coimbra, bestätigte Schwester Lucia, dass der dritte Teil des Geheimnisses aus einer prophetischen Vision bestand, vor allem über den Kampf des atheistischen Kommunismus gegen die Kirche und die Christen, in welcher die Leiden der Glaubensopfer des 20. Jahrhunderts beschrieben wurden.

„Es handelt sich um einen endlosen Kreuzweg, der von den Päpsten des zwanzigsten Jahrhunderts angeführt wird“, betonte der Staatssekretär des Vatikans, als er am 13. Mai 2000 den dritten Teil des Geheimnisses in Fatima verkündete.

Angelo Sodano erwähnte das Attentat von 1981 und „die mütterliche Hand, die dem Papst, der mit dem Tode rang, erlaubte, an der Schwelle des Todes stehenzubleiben“.

Die Tatsache, dass es sich um ein „Geheimnis“ handele, nährte während Generationen die Idee, dass der Inhalt der Offenbarungen, vor allem der dritte Teil, der erst 83 Jahre nach den Erscheinungen bekannt wurde, etwas mit dem Ende der Welt zu tun hätte, sowie Mythen darüber, dass die Päpste dieses Dokument unter Verschluss halten wollten, da es „schreckliche Offenbarungen“ beinhalte.

Dies war jedoch weit von der Realität entfernt, wie der damalige Kardinal Joseph Ratzinger, seinerzeit Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre und heute Papst Emeritus Benedikt XVI., im theologischen Kommentar zum Geheimnis von Fatima, verlauten ließ: „Wer auf aufregende apokalyptische Enthüllungen über das Weltende oder den weiteren Verlauf der Geschichte gewartet hatte, muss enttäuscht sein. Solche Stillungen unserer Neugier bietet uns Fatima nicht, wie denn überhaupt der christliche Glaube nicht Futter für unsere Neugierde sein will und kann“.

Er fährt fort: „Was bleibt, haben wir gleich zu Beginn unserer Überlegungen über den Text des Geheimnisses gesehen: die Führung zum Gebet als Weg zur «Rettung der Seelen» und im gleichen Sinn der Hinweis auf Buße und Bekehrung”.

Im theologischen Kommentar betonte der damalige Kardinal Joseph Ratzinger, dass das Schlüsselwort dieses dritten Teils des Geheimnisses der dreimalige Ruf des Engels mit dem Flammenschwert in der linken Hand sei: „Buße, Buße, Buße!“.

Am 12. und 13. Mai 2010
präsidierte Benedikt XVI.
bei der Jahreswallfahrt im Mai

Also der Aufruf zur Reue und zur Bekehrung, mit der Gewissheit, dass das Gute das Böse besiegen wird, wie er schrieb: „Die an ihrem Anfang so bedrückende Vision des dritten Geheimnisses schließt also mit einem Bild der Hoffnung: Kein Leiden ist umsonst, und gerade eine leidende Kirche, eine Kirche der Märtyrer, wird zum Wegzeichen auf der Suche der Menschen nach Gott“.

„Vom Leiden der Zeugen kommt eine Kraft der Reinigung und der Erneuerung, weil es Vergegenwärtigung von Christi eigenem Leiden ist und seine heilende Wirkung an die Gegenwart weiterreicht“, hob er hervor.

Und so erinnerte er an das Versprechen, dass Jesus Christus im Johannesevangelium hinterlassen hat: „In der Welt werdet ihr Drangsal haben, aber seid nur getrost, ich habe die Welt überwunden“ (Joh 16,33).

„Dieser Verheißung uns anzuvertrauen, lädt uns die Botschaft von Fatima ein“, endete er.

 

*Dieser Text wurde mit Hilfe von Quellen aus der Enciclopédia de Fátima und Revista Fátima XXI, 1 (Mai 2014) heraus verfasst.

Dieser Artikel und die Bilder wurden der Zeitschrift "Fátima Luz e Paz" Ausgabe vom 13. November 2020 entnommen. Die vollständige Zeitschrift finden Sie hier.